Krankenkassen nehmen Apothekensterben in Kauf
19.11.2012
Zahl der Apotheken in Baden-Württemberg auf Stand von 1989. In der letzten Woche wurden die Verhandlungen zwischen den Krankenkassen und den Apothekern um den Kassenabschlag abgebrochen. Grund dafür ist die starre Haltung der Krankenkassen, die weder auf die Argu-mente der Apotheker noch auf die deutlichen Aussagen der Politik eingehen.
Zahl der Apotheken in Baden-Württemberg sinkt drastisch
Dr. Günther Hanke, Präsident der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg: „Die Krankenkassen nehmen in Kauf, dass sich die Versorgung der Bevölkerung spürbar verschlechtert.“ Allein in diesem Jahr sank die Zahl der Apotheken in Baden-Württemberg um 44. Im Jahr 2000 gab es noch 100 Apotheken mehr als heute. Mit jetzt noch 2682 Apotheken im Land ist der niedrigste Stand seit 1989 erreicht. Hanke: „Das kann in Ballungszentren teilweise durch andere Apotheken ausgeglichen werden. In ländlichen Gebieten wird diese Entwicklung deutlicher spürbar werden.“
Insbesondere Notdienstversorgung wird schwieriger
Insbesondere die Notdienstversorgung, organisiert von der Landesapothekerkammer, wird dadurch erschwert. Hanke: „Wir müssen bereits Notdienstkreise zusammenlegen.“ Noch sind die Auswirkungen für die Bevölkerung kaum spürbar, weil Apotheker durch häufigere Notdienste die Wege der Patienten kurz halten. „Hält der Trend der Apothekenschließungen an, werden die Wege für die Patienten aber zwangsläufig weiter.“
Hierum geht es beim Streit zwischen Krankenkassen und Apothekern
Bei dem Streit geht es um einen Rabatt, den die Apotheker den Gesetzlichen Kran-kenkassen gewähren. Dieser Rabatt wird bei jeder verschreibungspflichtigen Arzneimittelpackung, die an einen gesetzlich Versicherten abgegeben wird, vom Honorar des Apothekers abgezogen. Dieser Rabatt wurde vor zwei Jahren im Rahmen des Spargesetzes AMNOG (Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz) durch die Politik auf 2,05 € für die Jahre 2011 und 2012 angehoben.
Bei den nun gescheiterten Verhandlungen weigerten sich die Krankenkassen, den vor dem Spargesetz geltenden Rabatt in Höhe von 1,75 € als Basis der Verhandlungen anzuerkennen. Sie beharren auf 2,05 €, wohlwissend, dass es sich dabei um ein zeitlich befristetes Sonderopfer handelte. Mit dieser Position stehen die Krankenkassen alleine da. Auch führende Politiker, unter anderem Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr, haben sich klar für 1,75 € als Ausgangsbasis der Verhandlungen ausgespro-chen.
Um welche Summen geht es?
Jährlich zahlen die Apotheken mehr als 1 Mrd. € als Rabatt an die GKV. Durch das „AMNOG-Sonderopfer“ sind es 2011 und 2012 jeweils 200 Mio. € mehr – also 1,2 Mrd. €. Addiert man die Jahre von 2004 bis 2012, kommt man auf 10,4 Mrd. €, die die Apotheker für die Krankenkassen zur Stabilisierung ihrer Finanzen aufgebracht haben. Ergänzend muss man auch die Einsparungen durch die sogenannten Rabattverträge zwischen GKV und Herstellern betrachten, denn diese funktionieren nur dann, wenn die Apotheken sie umsetzen. So hat die GKV allein im Jahr 2011 rund 1,7 Mrd. € durch Rabatte von den Herstellern eingespart.
Wie wird das Apothekerhonorar berechnet?
Apotheken erhalten seit 2004 für jedes verschreibungspflichtige Arzneimittel einen Festzuschlag von 8,10 € (zzgl. 3 Prozent vom Apothekeneinkaufspreis zur Finanzie-rung von Wareneinkauf und Lagerhaltung). Davon abgezogen wird bei GKV-Versicherten der sog. Kassenabschlag von derzeit 2,05 €. Ab 2013 wird das Festho-norar zwar auf 8,35 € angehoben. Das entspricht jedoch einer Erhöhung von nur 3 Prozent nach 9 Jahren – bei insgesamt 14,4 Prozent Inflation.
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