Apotheker erreichen Sieg über Schlecker
21.02.2011
Stuttgart, 21. Februar 2011 – Ein nicht nur für Apotheker, sondern auch für Patienten erfreuliches Urteil hat das Oberlandesgericht Stuttgart am vergangenen Donnerstag gefällt. Es entschied, dass die Firma Schlecker über seine niederländische Versandapotheke „Vitalsana B.V.“ eine Apotheke ohne Betriebserlaubnis unterhält. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das OLG Stuttgart hat die Revision zugelassen.
Die Landesapothekerkammern Baden-Württemberg und Bayern hatten über die Wett-bewerbszentrale dieses Verfahren in Gang gesetzt, da sie die Geschäftspraktiken von „Vitalsana“ aus wettbewerbsrechtlicher und pharmazeutischer Sicht für höchst bedenklich erachten. Zunächst wurde bemängelt, dass die Werbung von „Vitalsana“ keinen Hinweis darauf enthielt, dass es sich bei der Versandapotheke um eine niederländische Firma handelt. Weiter wurde beanstandet, dass die Werbung in eine Wer-bedruckschrift der Firma Schlecker integriert war. So entstand beim Verbraucher der unzutreffende Eindruck, die beworbenen Arzneimittel seien Angebote der Firma Schlecker.
Der Klagegegenstand wurde im Laufe des Verfahrens erweitert. Besonders wichtig war es den Landesapothekerkammern herauszustellen, dass die Versandapotheke pharmazeutische Standards verletzt. Denn eine pharmazeutische Beratung war im Wege einer Telefonhotline nur gegen Zahlung einer Gebühr erhältlich. Hinzu kam, dass der Patient mit der Aufzeichnung des Telefongesprächs einverstanden sein musste. Dr. Günther Hanke, Präsident der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg: „Die Forderung einer zusätzlichen Gebühr widerspricht dem Sinn und Zweck der Beratungspflicht des Apothekers.“
Die Stuttgarter Richter waren sich einig, dass das Geschäftsmodell von Schlecker/ Vitalsana gegen deutsches Apothekenrecht verstößt. Die in Deutschland durchgeführte pharmazeutische Beratung ziehe eine Erlaubnispflicht nach sich, da anders eine Kontrolle nicht möglich sei, so die Richter. Der Konzern bräuchte folglich eine Apothekenbetriebserlaubnis, die in Deutschland jedoch personengebunden ist.
Das Gericht gab den Apothekern vollumfänglich recht. Das stärkt vor allem die Patienten. Die Abgabe von Arzneimitteln sollte immer mit einer Beratung einhergehen, denn Arzneimittel sind Güter der besonderen Art, die auch Probleme bereiten können, etwa Wechselwirkungen oder Doppelverordnungen. „Wer die Barrieren für die Beratung derart massiv errichtet wie Schlecker, handelt entgegen aller pharmazeutischer und apothekerlicher Standards“, so Dr. Hanke.
Auch für Apotheken ist dieses Urteil erfreulich, schränkt es doch die Rosinenpickerei des Versandhandels ein. Leistungen der Öffentlichen Apotheken wie den Nacht- und Notdienst erbringt er nicht. Dr. Hanke: „Zumindest mit Zusatzeinnahmen durch die telefonische Beratung ist jetzt Schluss. Diese Leistung erhalten die Patienten ohnehin besser und ohne Extragebühren im direkten Patienten-Apotheker Dialog in der Apotheke vor Ort.“
Über die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg
Die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg (LAK) ist die Berufsvertretung für mehr als 11.000 Apothekerinnen und Apotheker, die sowohl in öffentlichen Apotheken als auch in Krankenhäusern, in der Industrie, in der Verwaltung, in der Bundeswehr sowie in Forschung und Lehre tätig sind. Sie setzt sich dafür ein, dass der Apotheker-beruf als freier Heilberuf erhalten bleibt und die Arzneimittelversorgung über die Apotheken weiter optimiert wird. Sie vertritt die Interessen ihrer Mitglieder durch Stellungnahmen zur Gesundheitsgesetzgebung oder Aufklärungskampagnen. Darüber hinaus nimmt die LAK Aufgaben wahr wie Fort- und Weiterbildungen oder Zertifizierung von Qualitätsmanagementsystemen.
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