Sachverständigenrat argumentiert falsch (und zieht daraus falsche Schlüsse)
09.02.2010
Stuttgart, 9. Februar 2010 – Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der wirtschaftlichen Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland fordert in seinem Jahresgutachten 2009/2010 mehr Wettbewerb im deutschen Apothekenwesen und ignoriert dabei die wettbewerblichen Strukturen, die bereits auf dem Apothekenmarkt herrschen.
Der Sachverständigenrat sieht einen Weg zu mehr Wettbewerb in der Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbots und der Etablierung von Apothekenketten, die „den Wettbewerb bei der Distribution von Arzneimitteln stimulieren würden“. Um seine Argumentation zu stützen, wird ein konstruierter Vergleich mit dem Telekommunikationsmarkt hergestellt.
Das Institut für Handelsforschung (IfH) hat im Auftrag der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg untersucht, ob eine in einer Kette organisierte Apotheke gegenüber einer inhabergeführten Apotheke Effizienzvorteile aufweisen kann. Die Analyse hat ergeben, dass lediglich bei den Warenbeschaffungskosten gegebenenfalls Einsparungen möglich sind. Diese Einsparungen beschränken sich jedoch auf nicht verschreibungspflichtige Medikamente (OTC), betragen maximal 1 % und sind nicht systemrelevant.
Auch die Kritik am mangelnden Wettbewerb entbehrt jeglicher Grundlage. Ganz offensichtlich blendet der Sachverständigenrat aus, dass nicht nur ein Preiswettbewerb denkbar ist, sondern auch ein Qualitätswettbewerb. Apotheken, die sich im existierenden Wettbewerb zwischen den über 21.000 Apotheken in Deutschland nicht durchsetzen, verschwinden vom Markt. Dieser aus vielen Anbietern bestehende Markt ist damit nicht vergleichbar mit dem Telekommunikationsmarkt, der vor seiner Liberalisierung monopolistisch und inzwischen oligopolistisch strukturiert ist. Darüber hinaus handelt es sich im Bereich der Telekommunikation um eine einfache Dienstleistung, während bei Apotheken die heilberufliche Beratung und Abgabe von Arzneimitteln und damit von Gütern der besonderen Art im Mittelpunkt stehen, die nicht mit anderen Gütern verglichen werden können.
Der Sachverständigenrat geht in seinem Jahresgutachten hinsichtlich des Marktes für Arzneimitteldistribution nachweislich von mehreren falschen Annahmen aus. Die Studie des IfH im Auftrag der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg hat eindeutig gezeigt, dass die Einsparungspotenziale bei Kettenapotheken marginal sind und nur aus dem frei kalkulierbaren OTC-Segment stammen könnten. Auch die Schlussfolgerung, dass eine Aufhebung des Fremd- und Mehrbesitzverbotes Effizienzvorteile nach sich ziehen würde, ist falsch.
Diese Pressemitteilung können Sie hier als .pdf-Dokument herunterladen. Weitere Informationen entnehmen Sie bitte einem gemeinsamen Schreiben der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg und des Instituts für Handelsforschung an die Mitglieder des Sachverständigenrats zur Begutachtung der wirtschaftlichen Entwicklung, die Mitglieder des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen und an die Mitglieder des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestags.